Montag, 26. August 2013

Von den Anfängen lernen . .

Hier scheint für mich das Wesen dessen auf, was Paulus als ekklesia bezeichnet: » ... an die Gemeinde (ekklesia) Gottes in Korinth ...« Das entstehende Christentum suchte seine Gestalt nicht in der Schaffung neuer Kulträume oder besonderer Sphären des Heiligen. Seine ersten Spuren sind weder Sakralarchitekturen noch Riten der Abgrenzung. 

Das frühe Christentum holte seine Kraft aus der Alltäglichkeit aus den einfachen Gebräuchen des Essens und Trinkens, des Waschens, der Geselligkeit Es schuf keine Sonderwelten sondern setzte das einfache Leben in einen neuen Zusammenhang. ln kleinen körperlichen Gesten sprach sich der neue Glauben aus - in der Fußwaschung und in der segnenden Handauflegung im Weinkelch an den Lippen und im Brot auf der Zunge. Diese Elemente waren wie Steinchen aus der antiken Lebenswelt gebrochen und neu zusammengesetzt zu einem Mosaik.

Nichts Höheres wurde über den profanen Alltag gebaut, sondern der Alltag selbst verwandelt und damit die Grenze zwischen profan und heilig aufgelöst. Das Essen war nicht mehr nur Essen, das Trinken war mehr als Trinken, die Gräber wurden zu Orten der frohen Versammlung, und die heidnischen Festzyklen im Jahreskreis hatten ohnehin jede strukturierende Kraft verloren, denn die Zeit war verdichtet: Alles hatte jetzt eine andere Bedeutung, die ganze Zeit, im Vergehen, im Verweilen, nur ein Augenblick noch, in dem Christus.

Christian Lehnert, Korinthische Brocken, Suhrkamp 2013 S. 29